Ist die Verarbeitung von Gesundheitsdaten nicht transparent genug?

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Home-Office, Video-Konferenz, Telefonsprechstunde – die Corona-Pandemie hat die Relevanz der Digitalisierung deutlich gemacht. Eine neue Untersuchung zeigt: Teilen der Ärzteschaft und vielen Patienten ist die Verarbeitung von Gesundheitsdaten nicht transparent genug.

Die diesjährige Ausgabe des Technik-Radars von der Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech) und der Körber-Stiftung zeigt die Einstellungen der Deutschen zur Digitalisierung im Gesundheitswesen. Begleitet wurde die repräsentative Bevölkerungsumfrage diesmal von einer Online-Befragung unter Medizinern.

Das Technik-Radar 2022 zeigt, dass die Deutschen den Nutzen der Digitalisierung in verschiedenen Wirtschafts- und Gesellschaftsbereichen höher einstufen als das Risiko. Auf einer Skala von 0 (gar nicht nützlich) bis 10 (sehr nützlich) bewerten die Befragten den Nutzen der Digitalisierung etwa im Bereich Gesundheit mit 7,5 Punkten, das Risiko lediglich mit 4,6.

Grundsätzlich empfinden die Deutschen Technik eher als problemlösend: Befürworteten 2017 noch 35,5 Prozent der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger die Aussage „Durch Technik entstehen mehr Probleme, als gelöst werden“, so sind es im aktuellen Technik-Radar nur noch 23,1 Prozent der Befragten.

Bei der Freigabe von Gesundheitsdaten sind die Deutschen aber verhalten. So lehnt es die Hälfte der Befragten (50,1 Prozent) ab, die eigenen Daten in personalisierter oder anonymisierter Form an private Forschungseinrichtungen weiterzugeben. Dem Hausarzt, Facharzt oder Krankenhaus würden hingegen mehr als 80 Prozent der Befragten ihre Daten zur Verfügung stellen. Umso interessanter wirkt in diesem Zusammenhang ein Befund aus der Umfrage unter 200 Medizinern, die ebenfalls Teil des Technik-Radars 2022 ist: Nur 13,1 Prozent der befragten Ärzteschaft haben Kenntnis darüber, wer auf die digitalen Patientendaten Zugriff hat und welche Daten abgerufen werden.

Elektronische Patientenakte: Viele kennen das Angebot nicht

Verhindert die Sorge um den Schutz sensibler Daten die Nutzung der im Jahr 2021 eingeführten elektronischen Patientenakte (ePA)? Das Interesse an der ePA ist grundsätzlich vorhanden: 46,8 Prozent der Befragten haben vor, die ePA zu verwenden. Allerdings kennen 24,4 Prozent der Befragten das Angebot gar nicht, nur 5 Prozent nutzen es aktuell. 20,2 Prozent der Befragten wollen die ePA aufgrund von Bedenken beim Datenschutz (50 Prozent) und Unklarheiten darüber, wer welche Daten einsehen kann (53 Prozent), nicht nutzen. Ein ernüchterndes Ergebnis aus Sicht der Befürworter der ePA, die sich von der Neuerung eine Effizienz- und Qualitätssteigerung im Gesundheitswesen sowie eine Verbesserung der Forschungs- und Vorsorgemöglichkeiten erhoffen.

Auch Mediziner befürworten prinzipiell die ePA: In der begleitenden Umfrage geben 54,7 Prozent an, dass die Vorteile der ePA die Nachteile überwiegen. Dass die eigenen Interessen bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens angemessen berücksichtigt werden, diesen Eindruck hat die Ärzteschaft allerdings weniger: Rund zwei Drittel der Befragten (66,5 Prozent) stimmen hier nicht zu.

Ärzte genießen hohes Vertrauen

Ein wachsender Anteil der Deutschen konsultiert bei gesundheitlichen Beschwerden erst einmal das Internet: 27,2 Prozent der Befragten recherchieren vor dem Arztbesuch zunächst im Netz. Fast die Hälfte der Befragten (45,3 Prozent) fühlt sich im Stande, online Antworten auf ihre Fragen rund um das Thema Gesundheit zu finden und 63,2 Prozent sind der Meinung, diese Informationen auch kritisch bewerten zu können.

Die Begeisterung der Ärzte hält sich angesichts dieser neuen digitalen Gesundheitskompetenz allerdings in Grenzen. Fast ein Drittel der Befragten (30,7 Prozent) meint, die Digitalisierung gefährde das Arzt-Patienten-Verhältnis. Eine Mehrheit von 59,5 Prozent der befragten Ärzteschaft ist der Meinung, dass die Patienten sowohl mit der Nutzung digitaler Angebote als auch mit deren Interpretation überfordert sind.

Das meiste Vertrauen genießen aber auch weiterhin Mediziner, vor allem, wenn sie Diagnosen auf Basis langjähriger Erfahrungen erstellen: 82,7 Prozent der Befragten halten diese für sehr oder eher sinnvoll. Ärztliche Diagnosen auf der Basis von Datenbanken findet hingegen nur knapp die Hälfte der Befragten (45,4 Prozent) sinnvoll. Und Diagnosen auf der Basis Künstlicher Intelligenz bewerten lediglich 27,5 Prozent der Interviewten positiv.

Gesundheit selbst in die Hand nehmen

Cordula Kropp, wissenschaftliche Projektleiterin und Soziologin vom Zentrum für Interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung der Universität Stuttgart (ZIRIUS): „Unsere Untersuchung zeigt: Immer mehr Menschen in Deutschland nehmen die Gesundheit auch selbst in die Hand. Sie recherchieren nach einem Arztbesuch im Internet, nutzen Gesundheits-, Fitness- und Ernährungs-Apps und sehen sich selbst in der Pflicht, etwas für Körper und Seele zu tun. Diese Gruppe verfügt in der Regel über eine hohe digitale Gesundheitskompetenz, die den Umgang mit elektronischer Patientenakte und Corona-App unterstützt. Viele Personen mit eher traditionellen Werten und geringerem Bildungsniveau verlieren hingegen den Anschluss an diese Möglichkeiten.“

Tatjana König, Vorstand der Körber-Stiftung: „Im Gesundheitswesen stehen wir vor völlig neuen Entscheidungen im Umgang mit besonders sensiblen Daten. Der Wandel wird nur gelingen, wenn alle Akteure, von den Ärztinnen und Ärzten bis hin zu den Patientinnen und Patienten, davon überzeugt sind, dass der Nutzen groß ist und die Chancen die Risiken überwiegen. Bei diesen wichtigen Abwägungen dürfen wir die Menschen nicht alleine lassen, sondern müssen gerade jetzt mehr Orientierung bieten, was Folgen, Unsicherheiten und Befürchtungen angeht.“

Titelfoto: Ryoji Iwata