„Für viele Studierende war die digitale Lehre natürlich auch ein Segen“

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Paul Henn ist Vorsitzender der Fachschaft Zahnmedizin an der Universität zu Köln. Wir sprachen mit ihm über die Herausforderungen des Studiums unter Pandemiebedingungen.

Herr Henn, fast ein Jahr Corona heißt auch: Zwei Semester digitales oder hybrides Studium der Zahnmedizin. Wie haben Sie persönlich die Zeit erlebt?

Für mich persönlich war es interessant zu sehen, wie schnell sich gewohnte Dinge grundlegend ändern können. Wir alle haben das in unserem Privatleben zu spüren bekommen. Am meisten hat mich fasziniert, wie schnell sich die eigentlich sonst so eingefahrenen Uni-Strukturen bewegen können und mit wie viel Dynamik, Tatendrang und Einsatz alle Beteiligten an einer Lösung für die undurchsichtige Situation gearbeitet haben.

Am meisten hat mich fasziniert, wie schnell sich die eigentlich sonst so eingefahrenen Uni-Strukturen bewegen können

Für mich und viele andere hieß das in den ersten Tagen der Pandemie vor allem viel Arbeit; unentgeltliche, ehrenamtliche Arbeit. Wir haben teilweise mehrere Stunden am Tag konferiert, es wurden Task Forces vom Dekan ins Leben gerufen, die chirurgische Poliklinik unter Leitung von Professor Nickenig musste binnen weniger Tage eine Corona-Ambulanz aufbauen, Corona-Infizierte und normale Patienten versorgen und nebenbei die üblichen Lehrformate aufrechterhalten. Die Leiter der klinischen Kurse der Zahnerhaltung und Prothetik mussten den Ämtern schnellstmöglich Konzepte zur Wiederaufnahme der Lehre vorlegen. Ich denke, das wäre alles schwer geworden, wenn wir nicht an einem Strang gezogen hätten.

Zahnmedizin an der Universität zu Köln

Die Universität zu Köln

Von A.Savin (Wikimedia Commons · WikiPhotoSpace) - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7207908

Es gab mitunter viel Kritik an der Situation in den Zahnkliniken der Universitäten. Wie war die Umstellung in Köln. Und ist sie geglückt?

Köln hat in den vergangenen Jahren viel Kritik geerntet. Man muss nicht lange suchen um negative Bewertungen auf einschlägigen Portalen für Studenten zu finden. Seit Jahren arbeiten wir in Köln daran, mit diesen Vorurteilen aus lang vergangenen Zeiten aufzuräumen und zu zeigen, dass Köln ein toller Unistandort ist, der nicht nur Karneval und Kölsch, sondern auch eine exzellent aufgestellte zahnmedizinische Ausbildung zu bieten hat.

Die Umstellung ist dank der Zusammenarbeit auf nahezu allen Ebenen geglückt. Natürlich gibt es immer Luft nach oben, aber wir konnten schon im Mai 2020 die Patientenbehandlung unter Berücksichtigung von speziell entwickelten Hygienekonzepten in der Poliklinik für Zahnerhaltung unter Professor Noack und seiner Abteilung aufnehmen. Inzwischen hat sich in allen Abteilungen die wir als Studenten in den klinischen Semestern durchlaufen wieder eine Art Normalität eingestellt. Corona ist zwar allgegenwärtig, aber wir behandeln Patienten, sind täglich vor Ort und lernen sogar noch ein bisschen mehr Organisation und Disziplin durch die Herausforderungen der Pandemie.

Welche besonderen Herausforderungen birgt das zahnmedizinische Studium für die Hybridlehre?

Das Studium der Zahnmedizin hat wie kaum ein anderes Studium das ambitionierte Ziel, innerhalb von fünf Jahren Ärzte auszubilden, die ab Tag eins als Assistenzzahnarzt echte Menschen behandeln dürfen und können. Die größte Herausforderung liegt dabei darin, dass wir uns nicht hinter der digitalen Lehre verstecken können. Wir müssen in Präsenz unterrichtet werden, daran führt kein Weg vorbei.

Für viele Studierende war die digitale Lehre natürlich auch ein Segen.

Das heißt aber auch, dass Konzepte für Präsenzlehre erstellt werden mussten - ohne wenn und aber. Die Umstellung auf digitale Lehrkonzepte schien fast schon die geringste Hürde. Ich persönlich war überwältigt, wie schnell auf Seiten der Studenten und Dozenten Formate wie Zoom oder Goto angenommen wurden. Für viele Studierende war die digitale Lehre natürlich auch ein Segen.

Vor allem von Studierenden mit langen Anfahrtswegen und mit Kindern habe ich immer wieder gehört, dass die digitale Lehre ein Erleichterung sei. Wir standen und stehen auch weiterhin in ständigem Kontakt mit den Abteilungsleitern und konnten durch das Feedback der Studierenden teilweise Blockseminare an Tagen einrichten, an denen wir dann nur digitale Vorlesungen hatten um die Zeit noch effektiver zu nutzen und Pendlern unnötige Wege zu ersparen. Das war aus meiner Sicht schon eine tolle Dynamik!

Wie nehmen Sie die Situation der Studierenden unter den aktuellen Bedingungen? Wie wird die Situation verkraftet?

Jeder geht mit der Pandemie anders um. Vielen Studierenden geht gerade das verloren, was ältere Generationen als die beste Zeit ihres Lebens bezeichnen. Testatpartys, Examensbälle, Sommerfeste, Glühwein und Waffeln, all das gibt es nicht mehr. Die soziale Interaktion ist auf ein Minimum beschränkt und Abstand ist der neue beste Freund. Das kann schon traurig machen. Ich hatte allerdings stets das Gefühl, dass in diesen Tagen des radikalen Kontaktentzugs die eigentlichen Alltagsmomente in der Zahnklinik ein kleiner Lichtblick waren. Vor der Pandemie haben wir uns auf den Feierabend gefreut, heute freuen wir uns, unsere Freunde im Labor zu sehen.

Vor der Pandemie haben wir uns auf den Feierabend gefreut, heute freuen wir uns, unsere Freunde im Labor zu sehen.

Wo sehen Sie Fortschritte, die nach Ende der Pandemie erhalten werden sollten?

Es gibt ganz klare Vorteile der Hybridlehre, die wir weiter nutzen sollten. Dazu zählen digitale Vorlesungsformate und Gastvorträge, die wesentlich einfacher zu organisieren sind als Präsenzveranstaltungen. Die Pandemie hat gezeigt, dass wir in unseren Reihen viele krisenfeste Persönlichkeiten haben. Ich hoffe das eben diese das erkannt haben und ihr Potential in Zukunft weiterhin nutzen. Vor allem sollten wir uns aber merken, dass festgefahrene Hierarchien den Fortschritt immer blockieren.

Es gibt ganz klare Vorteile der Hybridlehre, die wir weiter nutzen sollten.

Ich denke, sowohl die Studierenden, als auch die Dozenten haben gesehen, dass es auch so eine Art Teamwork zwischen den beiden Gruppen geben darf und muss. Corona ist eine Aufgabe, aber auch eine Chance sich selbst und andere besser kennenzulernen. Zumindest hier in Köln können wir stolz darauf sein, durch unsere Zusammenarbeit den größten Teil des Studiums ohne gravierende Kompromisse in der Qualität der Lehre weiterführen zu können.

Herr Henn, vielen Dank für Ihre Zeit!

Titelbild: Fachschaft Zahnmedizin Universität zu Köln