Distanzzonen in der Zahnarztpraxis

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Kommunikation ist komplex und findet auf unterschiedlichen Ebenen statt. Mit der nonverbalen Kommunikation wird häufig die Mimik und Gestik während eines Gesprächs bezeichnet. Was viele nicht wissen, ist, dass die Nutzung des Raumes zwischen zwei Personen, die im Gespräch miteinander sind, ebenfalls zur nonverbalen Kommunikation gehört.

Der jeweilige Raum, der zwischen zwei Gesprächspartnern eingenommen wird, lässt  auf Sympathie beziehungsweise Antipathie schließen und somit Rückschlüsse auf den Grad der Vertrautheit der Gesprächspartner untereinander zu. Patienten, die aus sogenannten Kontaktkulturen stammen, rücken schon einmal nah an ihre Gesprächspartner heran, wenn sie beispielsweise etwas erfragen oder erklärt haben möchten. In manchen Fällen kann es auch dazu kommen, dass Patienten ihren Gesprächspartner plötzlich berühren und dadurch die Distanzzone verletzen.

Mangelnde Distanz führt oft zu Unbehagen

Vielleicht weicht die betroffene Zahnmedizinische Fachangestellte unwillkürlich zurück, ohne es zu merken, und der Patient rückt immer wieder nach. Es entwickelt sich Unbehagen. Das „Auf-die-Pelle-Rücken“ wird so manches Mal mit mangelnden Umgangsformen oder einem persönlichen Interesse fehlinterpretiert, welches das unvoreingenommene Patientenverhältnis und somit die Arbeitsebene in der Praxis negativ beeinflussen kann. Nach dem Motto: „Bei dem assistiere ich nicht, der will mir an die Wäsche.“

Eine Frage der kulturellen Prägung

Ob ein Mensch mit Anspannung, Abwehr oder ganz gelassen reagiert, ist von seinem Verständnis der eigenen Nähe-/Distanzzone abhängig, denn Distanzzonen werden kulturell geprägt. Dies wird uns immer dann bewusst, wenn wir fremde Länder bereisen. Doch im eigenen Land, im eigenen Arbeitsumfeld, kann die Sensibilität für unterschiedliche Nähe-/Distanzzonen schon mal in den Hintergrund treten und man läuft Gefahr, dadurch auch in das ein oder andere Fettnäpfchen zu treten. Im Zuge der professionellen Kommunikation sollte darum stets auf die Sensibilisierung der eigenen sowie der Distanzzone anderer Mitmenschen eingegangen werden, da die Nutzung des Raumes zwischen zwei Gesprächspartnern das Wohl- oder Unwohlsein fördert.

Im Süden kommt man sich näher

Zu den Kontaktkulturen gehören südamerikanische sowie südeuropäische Länder, die arabische Welt (zu denen auch Pakistan zählt), aber auch Länder wie etwa Indien. In Ländern wie Nordamerika, Asien, den skandinavischen Ländern oder Nordeuropa gehen Gesprächspartner eher auf körperliche Distanz. Im Vereinigten Königreich ist es sogar regelrecht verpönt, zu nah an seinen Gesprächspartner heranzurücken – was eindrucksvoll an englischen Bushaltestellen zu beobachten ist.

Vier Distanzzonen

Das Wissen um kulturelle Unterschiede im Nähe-/Distanzverhalten hilft im beruflichen Praxisalltag „Fettnäpfchen“ zu umgehen und wertschätzende Kommunikation durch die Einhaltung der Distanzzone zu verfeinern. Es unterstützt und kultiviert die soziale Interaktion zwischen Praxispersonal und Patient, aber auch zwischen Praxisinhaber und Mitarbeiter oder unter Kollegen. Der Anthropologe und Ethnologe Edward Hall hat in seinen interkulturellen Forschungen vier Distanzzonen definiert, die Menschen aus unterschiedlichen Kulturen mehr oder weniger einhalten und an die sich jeder gut orientieren kann.

Die Intimzone: Sie reicht vom direkten körperlichen Kontakt bis zu einer Entfernung von etwa 60 Zentimetern. In diese Zone dürfen nur Personen mit einer besonderen Erlaubnis eindringen. Im Normalfall werden nur Intimpartner oder enge Verwandte in diese Zone gelassen.

Die persönliche Distanzzone: Sie umfasst zwischen 60 bis 150 Zentimeter und ist die übliche Gesprächsdistanz. Diese Zone ist üblicherweise für gute Freunde, Verwandte und enge Kollegen reserviert.

Die soziale Distanzzone: Sie schließt aus, dass man sich berührt. In der Distanz von eineinhalb bis vier Metern werden unpersönliche Angelegenheiten erledigt, Unterhaltung mit Geschäftspartnern, Handwerkern, oder etwa dem Chef geführt.

Die öffentliche Distanzzone: Sie beginnt bei etwa vier Metern. Dieser Abstand ist etwa der von Lehrern zur Klasse oder von Redner zu Publikum.

„Darf ich für die Untersuchung näher rücken?“

In die Intimzone lassen Patienten bzw. Menschen im Allgemeinen nur Intimpartner, enge familienangehörige oder sehr, sehr gute Freunde. Bestimmten Berufsgruppen, wie zum Beispiel dem Zahnarzt oder medizinischen Fachpersonal, wird temporär erlaubt, diese Zone zu durchbrechen. Die Verletzung der Distanzzone ohne Einwilligung des Patienten führt zu Abwehrmechanismen und Stress. Das Ergebnis: Der Patient fühlt sich unwohl, hört nicht zu und die Akzeptanz der empfohlenen Behandlung sinkt. Dies kann eine direkte Auswirkung auf den Praxisumsatz haben. Wenn  Patienten die Überschreitung der „Intimzone“ als Grenzverletzung, als „Angriff“, einstufen, wollen sie einfach nur aus der Situation flüchten. Egal was der Behandelnde sagt, alles verhallt im Raum des Unbewussten. Das Gesagte wird nicht mehr aktiv wahrgenommen.

Intimzone beachten

Um eine kongruente, auf den Patienten abgestimmte Beratung zielführend durchzuführen, ist die Beachtung der „Intimzone“ und der persönlichen Zone ein Pflichtelement der nonverbalen Kommunikation. Wissen schützt nicht vor Abwehr. Auch wenn der Patient weiß, dass die zahnärztliche Versorgung oder die Prophylaxe mit dem temporären Verlust der persönlichen oder intimen Zone einhergeht, so ist es ein feiner psychologischer Unterschied, ob die zahnmedizinische Untersuchung vor oder erst nach Einholung der Patientenzustimmung erfolgt. Die unbewusste Missachtung dieser „Grenzverletzung“ ist mit daran beteiligt, dass so viele Patienten immer noch von einem unguten Gefühl sprechen, wenn sie an eine zahnmedizinische Untersuchung denken.

Einwilligung einholen

Dabei kostet die Einholung der Einwilligung kaum Zeit. Ein simples: „Können wir nun mit der Behandlung beginnen?“, reicht oft aus, um die Zustimmung der Patienten zu erhalten. Diese simple Frage stärkt das Bewusstsein der Patienten als mündig anerkannt zu werden und mitbestimmen zu können. Sollte ein Patient zögern, bedarf es möglicherweise noch einer Erklärung, einiger aufmunternder Worte oder einfach eines Durchatmens. Diese simple Frage erhöht unbewusst den Wohlfühlfaktor der Patienten,denn diese werden letztlich darüber entscheiden, ob ein Patient der Praxis gegenüber verbunden bleibt, oder sich auf die Suche nach einer anderen, aufmerksameren Praxis macht.

Drei-Level-Regel

Das wertschätzende und zielführende Patientengespräch erfolgt auf unterschiedlichen Leveln:

Beachtung und Wertschätzung der Patientenbedürfnisse und -gefühle
Verbale Kommunikation: wohlwollende, positive Sprache
Nonverbale Kommunikation: Bewusstsein für die eigene Mimik Gestik inklusive Nähe/Distanz Verhalten

Titelfoto: Zoe / unsplash