Ergonomisches Arbeiten in der Zahnarztpraxis

Advertorial

Für viele Beschäftigte „rund um den Zahn“, ob Zahnärztin, Zahnarzt oder Assistenz, geht es kurz nach Start der Berufsausübung los mit Wirbelsäulenbeschwerden, Kopfschmerzen, Taubheit in Extremitäten und Ähnlichem. Oft sind einseitige Haltungen, ungünstige Positionen oder einfach die Dauer dieser Belastungen die Auslöser, der fehlende körperliche Ausgleich der Verstärker der Beschwerden.

Diese Beschwerden werden oft noch durch andere Ursachen, zum Beispiel psychischen Stress, oder externe Einflüsse wie Elektrosmog verstärkt. Dazu kommen viele weitere Faktoren des täglichen Lebens:

  • Wird genug und „gut“ geschlafen?
  • Welche Hobbys werden betrieben?
  • Stimmt das „soziale Leben“?
  • Wie ist der Tagesstart?
  • Wie ist der Weg zur Arbeit und nach Hause?
  • Passt der eigene Biorhythmus zum Tagesablauf?
  • Welche zusätzlichen Belastungen gibt es noch (Hausbau, Kinder, Hobby)?
  • Was wird gegessen und vor allem wie wird dies getan (hastig, in Gesellschaft, warm oder kalt etc.)?
  • Wie sieht es mit anderen „Genüssen“ aus (Nikotin, Alkohol, Schokolade …)?
  • Wird ausreichend getrunken?
  • Wie steht es um die Übersäuerung?

Nur die Arbeitswelt zu betrachten, greift daher zu kurz. Der ganze 24-Stunden-Tag muss beleuchtet und gegebenenfalls verändert bzw. optimiert werden. Zur Vermeidung chronischer Veränderungen und Schäden ist daher ein Gesamtkonzept notwendig, welches Schäden verhindert, Überlastungen reduziert, Ausgleich für lange Belastungen schafft und bei Bedarf Beschwerden lindert oder beseitigt. Dieses Konzept heißt „Clever Leben und Arbeiten“.

Die 5 (Kern-)Säulen des ergonomischen Arbeitens

1. Verhaltensergonomie = Haltung und gekonnter Ausgleich

Ob Sitzen, Stehen,Heben, Bücken, Liegen – fast überall kann man (und Frau) etwas „falsch“ machen, also den Körper überlasten und auf Dauer schädigen. Die korrekte Haltung in allen „Lebenslagen“ ist nur möglich, wenn das Repertoire an sinnvollen Bewegungsabläufen beherrscht wird.

Dazu ist auch ein Grundwissen in Anatomie, vor allem der funktionellen Anatomie, sowie über die Zusammenhänge verschiedener Körperregionen und deren Einflüsse notwendig. In der Zahnarztpraxis liegt dabei das Hauptaugenmerk auf der Behandlungstätigkeit.

Behandlung: Das „optimale Trio“

  • Behandler/Behandlerin: optimale „aktiv-aufrechte“ und symmetrische Haltung, ohne Verdrehungen, Seitkippungen, abgespreizte Arme
  • Assistenz: Haltung siehe oben, Abhalte- und Absaugetechnik ohne Verdrehungen und abgespreizte Arme
  • Patient: optimale Lagerung mit gewinkelten Beinen, entspanntem Lenden-Beckenbereich, überstrecktem Kopf, geöffnetem Mund = gute Position Patientenmund + schmerzfreie „bequeme“ Lagerung für Patienten Nur wenn alle drei Beteiligten „zusammenspielen“, ist eine ergonomische Arbeitsweise möglich.

Empfang und Büro, Sterilisationsraum etc.

  • Korrekte Standpositionen
  • Korrekte Hebe- und Tragebewegungen
  • Korrekte Sitzposition am Schreibtisch und entsprechende Positionswechsel
  • Optimale Stuhleinstellung und Tischeinstellung
  • Bildschirmneigung und -abstand, Tastatur, Maus

2. Ausgleich

Der Körper braucht bei statischen und einseitigen Dauerbelastungen einen aktiven Ausgleich mit Beanspruchung anderer/wechselnder Muskelgruppen und Entlastung der überlasteten Strukturen. Zusätzlich ist eine aktive Vorbereitung auf den harten Job (8 bis 10 Stunden bewegungsarme Tätigkeit in „typischer“ Stellung) nötig.

  • Vorher: 5-Minuten-Erwärmung vor dem ersten Patienten mit Mobilisation aller benötigten Gelenke ohne Belastung
  • Während: Mikropausen und Minipausen Mikropausen während der Behandlung, d. h. Patient anwesend, Ausgleich direkt am Stuhl, Sterilität gewährleistet, nur kurz (ca. 15 Sek.) Minipausen zwischen zwei Behandlungen, d. h. Patient schon weg, Behandler noch im Behandlungszimmer, hier mehr Aktivität möglich (ca. 60 Sek.)
  • Danach: jede Art von sportlicher Aktivität Ideal sind Sportarten und Aktivitäten, die Belastungen nicht noch verstärken, sondern echter Ausgleich sind. Ideal sind Nordic Walken, Joggen, Radeln, Schwimmen. Nur bei aktivem Ausgleich zu einseitiger Belastung sind die negativen Langzeitfolgen vermeidbar. Aber: Auch Entspannung und geistiger Ausgleich sind genauso wichtig wie die Aktivierung der körperlichen Funktionen durch Bewegung und Anstrengung.

3. Verhältnisergonomie = Ergonomische Umgebung

Hierzu gehören Raum, Inventar und die Werkzeuge, aber auch die Verhältnisse wie Luft, Licht und Lärm, immer mehr auch die elektromagnetische Strahlung durch die Vielzahl an strahlenden und funkenden Medien.

  • Raum: ausreichende Größe, hell, gut geschnitten, ausreichende Deckenhöhe etc.
  • Inventar: das „richtige“ Basiskonzept, angepasst an das Stammteam mit der optimalen Behandlungseinheit: höhenverstellbar, kippbar, mit Beinfreiheit und dem optimalen Behandlerstuhl: extrem höhenverstellbar, schräge Sitzkante etc. und optimale Einrichtung: Stuhl, Tisch, Sideboards
  • Werkzeuge und Hilfsmittel: Kissen, Fußantrieb, Sauger, PC-Bildschirm, Tastatur,Maus etc.
  • Licht, Luft, Lärm: Die „3 L der Sinne“ sollten entsprechend „sinnvoll“ sein. Genügend Licht ohne Blendung, ausreichend Luft mit Austauschmöglichkeiten und Frischluftzufuhr, Umgebungs- und Maschinenlärm unter der Schädigungsgrenze von ca. 55 dB (A)
  • Elektromagnetische Strahlung: möglichst wenig strahlende und funkende Geräte in der Arbeitsumgebung beziehungsweise, wenn nicht vermeidbar, weitestgehend „entstört“ Beschwerdefreiheit
  • Erhaltung und Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, Schmerzfreiheit

Dies ist die Voraussetzung für eine gute Arbeitshaltung, denn: Mit Schmerzen kann diese evtl. gar nicht eingenommen werden. Also ist eine Selbstbehandlungsmethode zum sofortigen Einsatz und mit unmittelbarer Wirkung nötig: zum Beispiel JUST-FIVE®, Akupressur oder japanisches Heilströmen, aber auch Entspannungsmethoden wie „Tropho- Training“, eine mentale Blitzentspannung.

4. Selbstmanagement

  • Struktur am Arbeitsplatz: Sinnvolles Herangehen an eine Aufgabe, Zielkonkretisierung, Priorisierung und vor allem konkrete Absprache im Team, realistische Terminvereinbarungen mit Patienten inkl. genügend Zeit für den Patientenwechsel und Dinge „zwischendurch“ sind die Basics für stressfreies Arbeiten – und eigentlich ganz einfach.
  • Stressoren erkennen, Konzepte entwickeln Was bringt mich unter Druck? Was davon kann ich ändern und was muss ich „schlucken“? Welche Möglichkeiten habe ich, den Teufelskreis „negativer Stress“ zu durchbrechen? Und wie setze ich mögliche Änderungen auch in die Tat um? Analysen und Umsetzungsstrategien sowie gezielte Kommunikation sind hier die Schwerpunkte.
  • Freiräume schaffen „Die Kunst des guten Arbeitens ist die Kunst der richtigen Pause.“ Für optimale Arbeitsleistung sind viele Pausen notwendig, kleine wie große. Hierfür sind die Freiräume nötig, diese auch zu nehmen, wenn z. B. das Wartezimmer voll ist.

5. Essen und Trinken

  • Ausgewogen und mit allem Nötigen versehen – und vor allem „machbar“ Was nützt der beste Slogan (5 am Tag), wenn dazu die Möglichkeit fehlt? Und dann immer wieder dieses schlechte Gewissen, wenn statt des „gesunden“ Obstes nur ein „ungesundes“ belegtes Brötchen (und das noch viel zu schnell) hineingeschlungen wird. Vergessen Sie die meisten „Ratschläge“ – haben Sie Spaß am Essen und vergessen Sie alle Diäten dieser Welt.
  • Weg mit der Angst Die Angst macht dick, nicht das Essen. Und Essen hat zwei Funktionen: schmecken und satt machen. Der Körper ist viel schlauer als der Kopf und daher nimmt er sich sowieso, was er braucht: genug Fett, ausreichend Eiweiß, Kohlehydrate. Im BigMac sind übrigens mehr Vitamine enthalten als in einem ganzen Kopfsalat.

aus: Die fünf Säulen der Ergonomie (zfv 2011)

Zum Autor

Manfred Just, Leiter des Just-Instituts, ist staatl. gepr. Lehrer für Sport und Wirtschaftswissenschaften, Managementtrainer,Ergonomieberater und Ausbilder für Gesundheitsberufe.